Self-Serving-Bias: Die Herausforderung der Selbstkritik

Es fällt vielen Menschen schwer, sich eigene Fehler und Inkompetenz einzugestehen. Oft neigen wir dazu, Ereignisse umzubiegen, um uns besser darzustellen.

2. Oktober 2024

Self-Serving-Bias: Die Herausforderung der Selbstkritik

Der Self-Serving-Bias hat eine doppelte Wirkung auf uns: Er schützt und steigert den Selbstwert. (Bild: Midjourney | Generative KI)

Der Self-Serving-Bias oder die selbstwertdienliche Verzerrung beschreibt die menschliche Tendenz, Erfolge den eigenen Fähigkeiten zuzuschreiben und Misserfolge äusseren Faktoren anzulasten. Diese Verzerrung trägt dazu bei, unser Selbstwertgefühl zu schützen oder zu steigern, hat jedoch weitreichende Konsequenzen. Besonders für Investorinnen und Investoren kann der Self-Serving Bias zu erheblichen Problemen führen.

In der Psychologie unterscheidet man zwei Hauptformen des Self-Serving-Bias: jene, die den Selbstwert steigert, und jene, die uns schützt. Die selbstwertsteigernde Variante lässt die Menschen ihre Erfolge als Ergebnis ihrer eigenen Leistung auffassen, auch wenn dies objektiv nicht gerechtfertigt ist. Dies stärkt das Selbstwertgefühl und kann zu Selbstüberschätzung führen. Bei Investorinnen und Investoren könnte das dazu führen, mehr Risiken einzugehen, als sie tragen können.

Aus Fehlern lernen

Bei der selbstschützenden Verzerrung werden Misserfolge externen Faktoren wie Pech oder ungünstigen Bedingungen zugeschrieben. Dies schützt vor negativen Gefühlen, verhindert jedoch das Lernen aus Fehlern. Wenn Investor:innen und Investoren die Verantwortung für ihre Fehler nicht übernehmen, lernen sie nicht aus ihren Misserfolgen und verbessern sich nicht. Ein weiteres Problem sind Rückblickfehler. Dabei werden Entscheidungen der Vergangenheit im Nachhinein als logischer und vorhersehbarer angesehen, als sie tatsächlich waren. Dies kann dazu führen, dass ähnliche Fehler erneut gemacht werden.

Ehrliches Feedback hilft weiter

Um die Auswirkungen des Self-Serving Bias zu minimieren, ist es wichtig, sich der eigenen Gedanken und Gefühle bewusst zu werden. Für Anlegerinnen und Anleger gibt es verschiedene hilfreiche Massnahmen. Ein festgelegtes System oder Regelwerk kann emotionale Entscheidungen reduzieren und somit kognitive Verzerrungen minimieren. Helfen kann auch ein Investmenttagebuch – durch die Dokumentation von Transaktionen und deren Begründungen lassen sich Entscheidungen nachvollziehen und Fehler leichter erkennen.

Dies fördert die Reflexion und hilft Fehler zu vermeiden. Wichtig ist auch periodisches Feedback – das Einholen von Beurteilungen von anderen kann dabei helfen, die eigene Selbstwahrnehmung zu überprüfen und Verzerrungen aufzudecken. Es ist auch vorteilhaft, sich mit Menschen zu umgeben, die einen realistischen Blick auf die Dinge haben und ehrliches Feedback geben können.

Indem man sich der eigenen Tendenzen bewusst wird und gezielte Massnahmen ergreift, kann man den Einfluss des Self-Serving-Bias verringern und fundiertere Entscheidungen treffen.

Self-Serving-Bias: Die Herausforderung der Selbstkritik

Artikelserie: Das 1x1 der Börsenpsychologie

Beim Investieren führt rationales Verhalten zum besten Ergebnis. Aber der Mensch handelt oft irrational: Herdentrieb, Selbstüberschätzung oder Home-Bias verleiten zu schlechten Entscheiden. Wir stellen die häufigsten Anlagefehler in einer Serie vor.

Bereits erschienen:
Teil 1: Overconfidence-Bias
Teil 2: Home-Bias
Teil 3: Anchoring-Bias
Teil 4: Self-Serving-Bias
Teil 5: Gambler's Fallacy

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