Quo vadis, Schweizerische Nationalbank?
Geldpolitische Überraschungen sind trotz der Wirrungen auf den Finanzmärkten auch gegenwärtig von der Nationalbank eher nicht zu erwarten.
25. Juli 2019
Die Zentralbanken und deren Geldpolitik stehen dieser Tage wieder vermehrt im Brennpunkt des Interesses. Von vielen Beobachtern wird darauf hingewiesen, dass eine expansivere geldpolitische Gangart in den USA und vor allem durch die Europäische Zentralbank (EZB) auch die (Schweizerische Nationalbank) SNB unter Druck setzen wird. Da in der Schweiz die Leitzinsen mit -0.75% bereits seit Januar 2015 im negativen Bereich liegen, sei die SNB in einer besonders schwierigen Position, heisst es. Wir teilen diese Einschätzung nur bedingt. Bei der Beurteilung des geldpolitischen Rahmens in der Schweiz und damit für die Prognose der entsprechenden Zinsen macht es daher Sinn, einen Schritt zurück zu machen.
Mit etwas Distanz sowie unbeeinflusst vom täglichen Auf und Ab der Finanzmärkte ist die Frage nach dem eigentlichen Wesen der Geldpolitik zu beantworten. Die Antwort auf diese Frage ist denn auch bemerkenswert einfach: Mit ihrem Leitzins gewährleistet die SNB die Preisstabilität in der Schweiz unter Berücksichtigung der konjunkturellen Situation in unserem Land. Die Bewältigung dieser Aufgabe fällt im Wesentlichen der Bilanz der SNB zu. Wenn beispielsweise die SNB aufgrund einer Zinserhöhung weniger Geld zur Verfügung stellt, also eine restriktivere Geldpolitik betreibt, verringert sich die Bilanzsumme der SNB und umgekehrt. Es ist also letztendlich die Bilanzsumme der SNB, welche die Geldpolitik in der Schweiz definiert. An der Bilanzsumme der SNB hängt auch die Menge der zur Verfügung gestellten Lokalwährung und damit deren Aussenwert, respektive der USDCHF- sowie der EURCHF-Wechselkurs, ab. Auch diese sind ein Teil der Geldpolitik. Je mehr CHF zur Verfügung gestellt werden, desto schwächer der CHF und umgekehrt.
Bei einer Prognose der Zinsen in der Schweiz und damit der Geldpolitik der SNB stellt sich die Frage, ob eine allfällige Zinssatzsenkung die Bilanzsumme verringert oder erhöht. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Negativzinsen für die beteiligten Akteure einen grossen Unterschied machen. Eine Bank, bei der Einleger für ihr zur Verfügung gestelltes Geld Negativzinsen zahlen müssen, findet es zunehmend schwierig, sich zu finanzieren. Eine Verkürzung der Bilanzsumme ist die Konsequenz. Dies gilt analog auch für die SNB.
Eine weitere Senkung der Leitzinsen durch die SNB von den aktuellen Zinsniveaus dürfte also die Bilanzsumme der SNB und damit die Menge der zur Verfügung gestellten CHF eher verringern als vergrössern. Die Folge dieser Entwicklung dürften einerseits deutlich tiefere Zinsen aber auch ein stärkerer CHF sein. Das kann im aktuellen Umfeld nicht im Interesse der Schweiz und damit der SNB sein. Eine weitere Zinssatzsenkung durch die SNB ist nur dann möglich, wenn sie gleichzeitig Massnahmen ins Auge fasst, mit denen sie die Bilanz stabilisieren oder allenfalls vergrössern kann. Das wäre dann der Fall, wenn die SNB zusätzliche Anlagen im In- und Ausland tätigt. Wir erachten ein solches Szenario aktuell als wenig wahrscheinlich.
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