Ist die Schweiz reif für die Zinsinsel 2.0?
Wie zu Zeiten der alten D-Mark besteht heute wieder die Möglichkeit, dass sich für die Schweizer Wirtschaft aufgrund vergleichsweise tiefer Zinsen Wettbewerbsvorteile einstellen könnten.
28. Juni 2023
Die SNB und die EZB haben ihre Leitzinsen anlässlich der offiziellen Treffen zuletzt weitgehend im Einklang erhöht. Trotzdem ist es zu einer beständigen Ausweitung der Zinsdifferenz zwischen den EUR- und den CHF-Geldmarktsätzen gekommen. Dies liegt in erster Linie in der unterschiedlichen Periodizität der entsprechenden Treffen. Während die EZB monatlich ihre geldpolitischen Entscheide bekannt gibt, ist der quartalsweise Rhythmus der geldpolitischen Lagebeurteilung durch die SNB deutlich gemächlicher.
Selbstverständlich weist die SNB in ihren Communiqués regelmässig auf den tieferen geldpolitischen Handlungsbedarf seitens SNB hin: 1) aufgrund der Wechselkursentwicklung und damit des stärkeren Schweizer Frankens und 2) aufgrund der im Vergleich zu Europa tieferen Inflationsraten. Auch wenn diese beiden Argumente durchaus überzeugen, könnte die SNB bei dieser Entwicklung auch die Zeit vor der Einführung des Euro im Hinterkopf haben.
Zu Zeiten als die D-Mark (DEM) die mit Abstand wichtigste Fremdwährung für die Schweiz war, bewegte sich der DEM-CHF-Wechselkurs nur geringfügig. Auch die Inflationsraten der beiden Volkswirtschaften waren über weite Teile vergleichbar. Einzig bei den Zinsen gab es grössere Unterschiede. Zinsunterschiede die nota bene über mehrere Jahrzehnte Bestand hatten. Oft war von der sogenannten «Zinsinsel Schweiz» die Rede.
Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich für die Schweiz auch heute eine wirtschaftliche Dynamik ergibt mit weitgehend stabilen Wechselkursen, vergleichbaren Inflationsraten, aber deutlich tieferen CHF-Zinsen und vor allem auch deutlich tieferer Realverzinsung als im benachbarten Ausland. Gerade letztere Entwicklung wäre für die Schweizer Wirtschaft eine erfreuliche Entwicklung. Damals wie heute werden verschiedene Argumente ins Feld geführt für diese Entwicklung.
Im Vordergrund stand und steht das Argument der Leistungsbilanz. Je höher die Sparquote der Schweiz im internationalen Vergleich, desto höher der Leistungsbilanzüberschuss. Auch wenn diese Gelder aktuell im Ausland angelegt und in der Folge aus der Schweiz abgeflossen sind und damit kurzfristig negativ auf dem CHF lasten, ergeben sie dennoch Aufwertungspotential für die Währung unseres Landes zu einem späteren Zeitpunkt. Damit führt heute wie gestern die Erwartung einer allfälligen Aufwertung des CHF zu einem späteren Zeitpunkt aktuell zu tieferen Zinsen. Dies ist für die Schweiz grundsätzlich eine positive Situation, die sich wie erwähnt in der Vergangenheit über Jahrzehnte hingezogen und erst mit der Einführung des Euro an Bedeutung verloren hatte.
Artikel teilen
30. Oktober 2024
«Die US-Wahlen lassen niemanden kalt»
Die Parolen im US-Präsidentschaftswahlkampf lassen fürs Jahr 2025 eine expansivere Geldpolitik und mehr Wirtschaftswachstum in der grössten Wirtschafts- und Finanzmacht der Welt erwarten. Das Zünglein an der Waage spielt aber der Arbeitsmarkt und die damit zusammenhängende Inflationsentwicklung.
Abonnieren Sie #hblasset
Bleiben Sie auf dem Laufenden und abonnieren Sie kostenlos unseren #hblasset Anlageservice für private Investor:innen digital per E-Mail oder als Magazin per Post.