Die Notenbankgeldmenge – oder: Geldpolitik ist mehr als nur Zinspolitik
Neben politischen Unsicherheiten brachte 2022 eine zentrale neue Dimension: Zinssatzerhöhungen, die unter dem aktuellen geldpolitischen Regime noch nie beobachtet werden konnten.
4. Januar 2023
Zinssatzerhöhungen der Zentralbanken werden von den Akteuren an den Finanzmärkten gemeinhin als Schritte zu einer restriktiveren Geldpolitik interpretiert. Dabei geht oft vergessen, dass der Grad der Expansivität oder eben Restriktivität der Geldpolitik aber auch in hohem Masse über die durch die Zentralbanken zur Verfügung gestellte Liquidität gemessen wird.
Die Effektivität der Geldpolitik lässt sich also vor allem auch über die Grösse respektive die Länge der Bilanz der jeweiligen Zentralbank messen. Wenn also eine Zentralbank ihre Leitzinsen relativ zum Marktzins anhebt oder senkt, steuert sie vor allem auch die Länge ihrer Bilanz und damit die Liquidität, die sie den Finanzmärkten zur Verfügung stellt.
Notenbankgeldmenge stark reduziert
Am Beispiel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bedeutet dies, dass neben der effektiven Erhöhung der Leitzinsen vor allem auch die Grösse und Struktur der Bilanz der SNB in Betracht gezogen werden muss, um die Frage zu beantworten, ob und in welchem Ausmass die SNB eine restriktivere Gangart eingeschlagen hat. Dabei können wir festhalten, dass die Notenbankgeldmenge und damit der mit Abstand wichtigste Posten auf der Passivseite der SNB-Bilanz in etwas mehr als einem halben Jahr um rund ein Viertel oder mehr als 150 Milliarden Franken reduziert wurde.
Alleine im Nachgang zur Zinsentscheidung im September wurde die Notenbankgeldmenge innerhalb einer einzigen Woche um einen bemerkenswerten Betrag von über 75 Milliarden Franken verringert. In Kombination mit der effektiven Zinserhöhung und nicht zuletzt dem anhaltend starken Schweizer Franken, würden diese Grössen für die Schweiz auf eine dramatisch geänderte Geldpolitik hindeuten.
Umlagerung von Sicht- in Termineinlagen
Wie oft in der Volkswirtschaft gibt es aber eine Reihe von Faktoren, die diese geldpolitischen Rekordwerte relativieren. Zum einen ist da die zwar auch in der Schweiz deutlich gestiegene, aber im internationalen Umfeld weiterhin eher tiefe Inflation. Sie relativiert einerseits den jüngsten Zinsanstieg aber auch die Aufwertung des Frankens gegenüber anderen wichtigen Währungen. Inflationsbereinigt ist der Aussenwert des Frankens weitgehend stabil.
Zum anderen wurde wie gesagt die Notenbankgeldmenge dramatisch zurückgeführt. Ein wesentlicher Teil dieser Gelder wurde von der SNB über Repo-Transaktionen abgeschöpft. Es ist also in erster Linie zu einer Umlagerung dieser Gelder gekommen und nicht zu einer wesentlichen Änderung der Bilanzsumme. Während diese Mittel in den letzten Monaten in Sichteinlagen parkiert wurden, werden sie aktuell in der Geldmarktstatistik als Termineinlagen geführt.
Die SNB und mit ihr viele andere Zentralbanken der industrialisierten Welt sind wohl deutlich weniger restriktiv als dies die gängigen geldpolitischen Massgrössen suggerieren. Zumindest für die Schweiz spricht in diesem Sinne wenig für eine geldpolitisch getriebene Rezession.
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