Deutschlands Dilemma: Ist es die Industrie oder der Immobilienmarkt?
Die deutsche Konjunktur verliert an Schwung. Für das laufende Jahr wird kaum noch Wachstum erwartet. Die Wirtschaft muss sich deshalb anpassen.
6. März 2024
Mitunter die grössten Konjunktursorgen plagen aktuell Deutschland. Hier haben in den letzten Wochen sämtliche öffentliche Stellen neue Konjunkturprognosen publiziert. Diese wurden noch einmal und zum Teil deutlich nach unten revidiert. So rechnen beispielsweise die beiden grossen internationalen Prognoseinstitute der OECD und des IWF nur mehr mit knapp positiven BIP-Wachstumsraten für das Gesamtjahr 2024.
Noch pessimistischer sind vereinzelt deutsche Prognostiker selbst. Bei ihren Analysen verweisen Prognoseinstitute verschiedentlich auf die grosse Energieabhängigkeit der deutschen Industrie und damit die Spätfolgen der gestiegenen Energiepreise rund um die Ukraine-Krise und den damit verbundenen Sanktionen gegenüber Russland und umgekehrt.
Anders als im Mittelmeer-Raum
Wir teilen diese Beurteilung nur bedingt. Zum einen lässt sich festhalten, dass gerade die Gaspreise sich in den letzten Wochen und Monaten permanent zurückgebildet haben und aktuell wieder auf Niveaus stehen, wie sie zuletzt vor Ausbruch der Ukraine-Krise beobachtet werden konnten. Aber auch die Ölpreise verharren nun bereits seit Monaten bei rund 80 US-Dollar pro Barrel. Auch wenn die Wirtschaft Deutschlands stärker energieabhängig ist als andere europäische Volkswirtschaften, gerade aus dem Mittelmeer-Raum, so sind strukturelle Anpassungen in dieser Hinsicht angesichts der geopolitischen und technologischen Entwicklung durchaus angebracht.
Es liesse sich sogar argumentieren, dass es vordringlich ist, sich in dieser Hinsicht wirtschaftlich weiterzuentwickeln. Aus einer gewissen Distanz zu Deutschland orten wir die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands an anderer Stelle. Zum einen haben wir in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass gerade die deutsche Wirtschaft, insbesondere der Immobilienmarkt, stark unter dem jüngsten Zinsanstieg gelitten hat.
Das Verfassungsgericht entscheidet mit
Für eine Volkswirtschaft, die sich traditionell bei tiefen Zinsen und damit günstig mit Fremdkapital finanzieren konnte, ist die aktuelle Situation eine wesentliche Änderung. Dies umso mehr als mögliche Zinssatzsenkungen für Europa – in unseren Augen völlig zurecht – permanent nach hinten verschoben werden. Auch seitens der Fiskalpolitik ist in den letzten Wochen ein zusätzliches wirtschaftliches Hindernis aufgetaucht.
In dem Ausmass, in dem die Regierung nach dem Urteil des Verfassungsgerichts die Ausgaben reduzieren muss, wird sich die Ausgabenkürzung wohl 2024 negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Dennoch gibt es gerade auf der Ebene der Unternehmen auch vermehrt Anzeichen, wonach sich die Struktur der deutschen Wirtschaft graduell an die gegenwärtigen Rahmenbedingungen anpasst. Dies verheisst zumindest mittelfristig wieder positivere Nachrichten auch aus Deutschland.
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