Der Ukraine-Konflikt – oder: Politische Börsen haben kurze Beine
Ölpreis-Rally und Ukraine-Konflikt: Entwickelt sich hier ein Gefahrenherd weltpolitischen Ausmasses? Von den wirtschaftlichen Dimensionen her wohl eher nicht.
3. Februar 2022
In den letzten Monaten hat die Corona-Pandemie das Geschehen an den internationalen Finanzmärkten klar dominiert. Doch nun rückt ein anderes Thema ins Zentrum der Aufmerksamkeit: die Preisentwicklung auf den Rohölmärkten. Wir wollen deshalb die Energiemärkte etwas genauer beleuchten.
Wir erinnern uns: In der ersten Hälfte der 1970er-Jahre war die Erdölkrise ein zentraler Bestimmungsfaktor für den Gang der Wirtschaft und auch der Finanzmärkte. Eine wichtige Rolle spielten dabei geopolitische Faktoren. Zwar lässt sich die aktuelle Situation nicht mit den damaligen Entwicklungen vergleichen, dennoch hat sich die Lage auf den Rohölmärkten wieder zugespitzt.
Der jüngste Preisanstieg des Erdöls ist eher die Folge einer Normalisierung der Preise und weniger die Konsequenz einer künstlichen Verknappung des Erdölangebotes. Mit Ausbruch von Corona war die Nachfrage nach Erdöl auf einen absoluten Tiefpunkt gesunken. Bei der aktuellen Beurteilung der Preisentwicklung des Erdöls ist vor allem auch zu berücksichtigen, dass es im Gegensatz zu den 1970er-Jahren aktuell einen klaren Trend weg von fossilen Brennstoffen als primäre Energiequelle gibt.
Wichtige Pipelines gehen durch die Ukraine
Eine sinkende Nachfrage gepaart mit der Möglichkeit, die Förderung der fossilen Brennstoffe zu erhöhen, dürfte langfristig und abgesehen von kurzfristigen Schwankungen dafür sorgen, dass die Rohölpreise tendenziell sinken werden. Wegen der Corona-Pandemie ist die Lage der Staatsfinanzen vielerorts angespannt.
In Kombination mit der Normalisierung der Preise für fossile Brennstoffe und dem sinkenden Trend der Endnachfrage könnte sich dies aus polit-ökonomischer Perspektive als eine explosive Mischung erweisen. Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, dass die politischen Irrungen und Wirrungen zwischen der Ukraine und Russland für erhöhte Nervosität an den Finanzmärkten sorgen.
Russland ist einerseits für Osteuropa und Deutschland der wichtigste Anbieter von Erdgas und andererseits gehen wichtige Pipelines durch die Ukraine. Vor allem aber hat der Konflikt wegen des Einbezugs der USA und der Nato und der damit verbundenen Gefahr militärischer Interventionen auf den ersten Blick das Potenzial, sich zu einem Gefahrenherd weltpolitischen Ausmasses auszuwachsen.
Bei einer Würdigung dieser Entwicklung ist allerdings zu berücksichtigen, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Ukraine wohl zu klein ist für einen grösseren Konflikt zwischen der Nato und Russland. Dies gilt insbesondere auch für die Ukraine als Rohstoffland. Dass es in diesem Zusammenhang aber zu heftigen Wortgefechten gekommen ist und auch weiter kommen wird, liegt auf der Hand.
Für die Finanzmärkte dürften die Auswirkungen aber weitgehend vorübergehender Natur sein – getreu dem Motto: Politische Börsen haben kurze Beine.
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