Zweite Corona-Welle ist für die Finanzmärkte weniger gravierend als die erste
In Europa steigen die Corona-Zahlen wieder rasant an. Global gesehen ist aber schon länger ein Anstieg zu beobachten, was die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Crashs relativiert.
29. Oktober 2020
Auch gegen Ende des Jahres 2020 gibt es an den internationalen Finanzmärkten ein dominierendes Thema. Es ist und bleibt das Coronavirus und seine gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Implikationen. Nachdem die Sommermonate einen deutlichen Rückgang der Fallzahlen mit sich brachten, sind diese in den letzten Monaten in unseren Breitengraden wieder sehr stark angestiegen. Die zweite Welle an Covid-19-Erkrankungen brachte auch für die Schweiz eine Vervielfachung der Fallzahlen im Vergleich zum Frühjahr 2020. Die Unsicherheit steigt, wie sich die Situation in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln wird.
Globale Perspektive ist entscheidend
Wie immer in unsicheren Zeiten gilt es, sich in erster Linie an den Tatsachen zu orientieren und dabei Aspekte zu berücksichtigen, die etwas weiter führen als das Zählen von Corona-Fällen. Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Wirtschaft und den Finanzmärkten. Auch wenn die Situation in der Schweiz uns natürlich sehr nahe ist, gilt es herauszustreichen, dass Anleger in ein globales Produkt investieren. Finanzmärkte sind und bleiben im Wesentlichen globale Märkte.
Dies gilt für Anleger in Aktien der Schweiz genauso wie für Anleger in Aktien von Schwellenländern oder von CHF-Obligationen. Man denke nur an unsere grössten Unternehmen aus der Schweiz. Sie machen nur einen Bruchteil ihres Umsatzes im eigenen Land, ihr Aktionariat ist international und das gilt auch für die Belegschaft von der Spitze bis zu den produzierenden Betrieben. In unseren Augen gilt es dabei vor allem auch die weltweite Entwicklung von Corona-Fällen im Blickpunkt zu haben. Dabei fällt auf, dass im globalen Kontext kaum von einer zweiten Welle gesprochen werden kann. Diese Beurteilung beschränkt sich bestenfalls auf Europa.
Rund um den Globus dagegen steigt die Zahl der Corona-Erkrankungen beständig an. So verharrt beispielsweise die Zahl der Covid-19-Erkrankungen in den USA, dem weiterhin wichtigsten Finanzmarkt der Welt, weiterhin auf sehr hohen Werten. Diesem Umstand tragen auch die Wirtschaftspolitiken der verschiedenen Länder Rechnung. Sei dies in der Form von Wirtschaftshilfen oder der jeweiligen Geldpolitik. So pumpen beispielsweise die grössten Zentralbanken rund um den Globus beständig mehr Geld in die Wirtschaft. Zuletzt trifft dies neben der Europäischen Zentralbank (EZB) vor allem auch wieder für die US-Notenbank Fed zu. Eine Beurteilung des Finanzmarkts durch die Schweizer Brille ist da wenig zielführend.
China besser als erwartet
Natürlich gibt es regionale Unterschiede und für einzelne national orientierte Geschäftsmodelle kann es auch durchaus Sinn machen, die jeweilige Entwicklung der Fallzahlen in Betracht zu ziehen. Finanzinvestoren müssen sich aber vor Augen halten, dass sich nur die wenigsten börsenkotierten Firmen weitgehend von internationalen Entwicklungen abschotten können. Neben den Absatzmärkten sind es vor allem auch die Produktion oder aber auch das Produkt selbst, das einen internationalen Bezug hat.
Bei einer Beurteilung der Finanzmärkte aus einer Schweizer Optik ist zu berücksichtigen, dass es einzelne Regionen oder auch Sektoren gibt, die relativ wenig durch Corona beeinflusst werden. So entwickelt sich wohl Asien aktuell besser als der Rest der Welt. Dies gilt insbesondere für China. Hier waren in den letzten Wochen die Wirtschaftszahlen besser als erwartet. Bei den Sektoren ist es wohl der Gesundheitssektor und der Technologiesektor, die weniger stark negativ beeinflusst werden.
Diese Aspekte relativieren in unseren Augen die Wahrscheinlichkeit eines deutlichen Rückgangs der Finanzbewertungen. Wer neben diesen globalen Phänomenen sein Hauptaugenmerk aber dennoch auf die Entwicklung in Europa legt, hat zu berücksichtigen, dass eine Verschärfung von Massnahmen zur Eindämmung von Covid-19-Erkrankungen wesentlich differenzierter als noch im Frühjahr 2020 daherkommen könnten. Aufgrund der gemachten Erfahrungen dürfte beispielsweise ein möglicher Lockdown zeitlich und regional wohl stärker begrenzt sein, was per Definition einen im Vergleich zum Frühjahr geringeren Wirtschaftseinbruch zur Folge haben dürfte. Kommt hinzu, dass bereits reduzierte Wirtschaftsaktivitäten wie der internationale Tourismus nur schwer weiter reduziert werden können.
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