Zentralbank-Falken verharren in der Defensive

Seit Jahren bewegen sich die Inflationsraten unter dem Zielband von 2 Prozent. Deshalb werden die Währungshüter ihre Geldschleusen offen lassen, wovon Aktien profitieren werden.

1. April 2021

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Im Ringen zwischen Zentralbank-Falken, die für eine harte Vorgehensweise gegen inflationäre Tendenzen einstehen, und Zentralbank-Tauben, die eine lockere Geldpolitik mit einer höheren Inflation in Kauf nehmen, sind die Falken derzeit im Hintertreffen. (Bild: Federal Reserve @flickr)

Im Verlaufe des ersten Quartals 2021 ist die Nervosität vieler Akteure an den internationalen Finanzmärkten zwischenzeitlich wieder einmal deutlich angestiegen. Ein Jahr nach dem Ausbruch des Corona-Virus ist es in erster Linie die Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft, die für Unruhe sorgt.

Zum Ende des ersten Quartals 2021 sind die Finanzmärkte hin- und hergerissen zwischen a) Sorgen über die wirtschaftlichen Auswirkungen von zuletzt gerade in Europa wieder deutlich gestiegenen Covid-Erkrankungen und den damit verbundenen Lockdown-Massnahmen und b) den Befürchtungen einer möglichen Überhitzung der Wirtschaft mit inflationären Tendenzen. Diese grundsätzlich arbiträren Entwicklungen führen denn auch zu gegensätzlichen Strömungen an den Finanzmärkten.

Im ersten Fall wird die konjunkturelle Erholung weiter nach hinten verschoben, entsprechend wären die von den Märkten eingepreisten Wirtschaftsszenarien und die damit verbundenen Kurserwartungen für Aktien zu optimistisch. Im zweiten Fall ist aufgrund höherer Inflationsraten mit steigenden Zinsen und gegebenenfalls rund um den Globus mit restriktiveren geldpolitischen Massnahmen zu rechnen. Trotz ihrer grundsätzlich unterschiedlichen Natur haben beide Szenarien eines gemeinsam: Sie sprechen für tiefere Aktienbewertungen.

Entgangenes Wachstum

Demgegenüber ist festzuhalten, dass die Jahresabschlüsse 2020 der verschiedenen Unternehmen mehrheitlich besser ausgefallen sind, als dies ursprünglich von den Marktakteuren erwartet wurde. Vor allem das zweite Halbjahr brachte für das Gros der Unternehmen eine positive Entwicklung. Es stellt sich die Frage, wie sich die für die Finanzmärkte mit Abstand wichtigsten Institutionen – nämlich die Zentralbanken – in dieser Situation positionieren.

In dieser Hinsicht brachten die letzten Wochen neue Einsichten: Die Zentralbanken teilen die Aufregung einzelner Finanzmarktteilnehmer nicht. Viel eher halten sie an ihrer letztjährigen Einschätzung fest. Sie verweisen auf das aufgrund der Corona-Pandemie entgangene Wirtschaftswachstum des letzten Jahres und die damit verbundenen Überkapazitäten.

Auch deutlich verbesserte Wachstumsraten deuten in einer solchen Situation nicht auf überschäumende Wirtschaftsaktivitäten hin. In der Folge sehen sich die Zentralbanken in der Pflicht, die Finanzmärkte weiterhin grosszügig mit Liquidität zu versorgen. Nach Jahren mit Inflationsraten unter den anvisierten 2 Prozent sind sie zudem bereit, ein temporäres Überschiessen der Inflationsraten zu tolerieren.

Laisser-faire der Zentralbanken

Dies gilt insbesondere für die US-Fed unter der Leitung ihres Vorsitzenden Jerome Powell. In der Konsequenz ist bis auf weiteres nicht mit baldigen Zinssatzerhöhungen der Zentralbanken zu rechnen. Allerdings zeugen die letzten Wortmeldungen von Exponenten der wichtigsten Zentralbanken von einer gestiegenen Zuversicht über den weiteren Verlauf der Weltwirtschaft.

In der Konsequenz rechnen sie nicht nur mit besseren Wachstumsraten sondern in der Tat auch mit höheren Inflationsraten als in den Vorjahren. Die Folge dieser Laisser-faire-Politik der Zentralbanken ist ein weniger striktes monetäres Korsett für die Finanzmärkte und damit verbunden wohl eine erhöhte Volatilität bei verschiedenen Finanzmarktvariablen. Besonders augenfällig wurde dies zuletzt bei den Langfristzinsen in den USA. Dabei scheint das wiedergewonnene Eigenleben der Finanzmärkte die Zentralbanken deutlich weniger zu stören als einzelne Marktbeobachter oder Anleger.

Die Situation für die SNB stellt sich ganz ähnlich dar. Trotz höheren Inflationsprognosen für die Jahre 2021 und 2022, verbesserten Konjunkturerwartungen und einem schwächeren Franken deutet nichts auf eine baldige geldpolitische Kehrtwende der SNB hin. Zu fragil ist das wirtschaftliche Gefüge zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Mit der langfristig unveränderten Inflationsprognose und einem publizierten Inflationswert von lediglich plus 0,6 Prozent am Ende des Prognosehorizonts im vierten Quartal 2023 dürften die Negativzinsen in der Schweiz vorerst Bestand haben.

Für die Anleger wiederum bedeutet eine solche Einschätzung, dass keines der beiden eingangs erwähnten Szenarien mit grösseren Verwerfungen an den Finanzmärkten realistisch sein dürfte. Ein zwischen diesen Extrempositionen liegendes gemässigtes Szenario dürfte zu moderaten Kursgewinnen der Aktien führen.

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