Vieles deutet auf Zinssenkungen im zweiten Semester hin

Im Jahr 2024 sorgen vor allem die Zentralbanken für die neuen Impulse für Wirtschaft und Finanzmärkte.

3. Juli 2024

Vieles deutet auf Zinssenkungen im zweiten Semester hin

Die US-Notenbank Federal Reserve hat den Leitzins im laufenden Jahr entgegen den Markterwartungen von Anfang Jahr noch nicht gesenkt. (Bild: Adobe Stock)

Kurz vor den Sommerferien macht es Sinn, die ersten sechs Monate das Jahres 2024 an den internationalen Finanzmärkten Revue passieren zu lassen und gleichzeitig einen Blick in die zweite Jahreshälfte 2024 zu werfen. Trotz anhaltender politischer Turbulenzen lässt sich dabei die Situation am besten wie folgt beschreiben: bemerkenswert stabil. Dies gilt für das konjunkturelle Umfeld und die internationalen Finanzmärkte gleichermassen.

Die Basis für die Stabilität an den internationalen Finanzmärkten bildet dabei wohl die Beständigkeit der konjunkturellen Rahmenbedingungen. So verharren die Arbeitslosenzahlen der grossen westlichen Volkswirtschaften nahe ihrer historischen Tiefstständen und die Einkaufsmanagerindizes, als wichtige Stimmungsindikatoren, der Industrienationen bewegen sich in den letzten Monaten im Grossen und Ganzen auf verhaltenen Niveaus seitwärts. Wenig euphorisiert zeigen sich dagegen weiterhin die Konsumenten. Deren Stimmungsindikatoren bleiben im ersten Halbjahr 2024 unter Druck. Gerade im deutschsprachigen Mitteleuropa bleiben die Indikatoren zur Konsumentenstimmung auf unterirdischen Niveaus. Aber auch im Rest der Welt werden unterdurchschnittliche Werte für die Konsumentenstimmung ausgewiesen. Es sind wohl in erster Linie die weiterhin erhöhten Inflationsraten, die weltweit auf der Konsumentenstimmung lasten. Die schwachen Zahlen zur Konsumentenstimmung sind aber nur die halbe Wahrheit. Gleichzeitig fällt seitens Endnachfrager auch auf, dass die effektiven Aktivitätszahlen der Konsumenten wenig Gleichlauf mit den Werten der Konsumentenstimmung haben. Seien es die Zahlen zu den Umsätzen des Detailhandels, die Ausgaben für Tourismus oder auch langlebigen Gütern. Die effektiven Umsatzzahlen aus dem privaten Konsum vermögen durchaus zu überzeugen. Sie verzeichnen nur einen geringfügigen Rückgang. Als internationaler Wachstumsanker hat sich dabei ein weiteres Mal in erster Linie der Konsument in den USA herausgestellt.

PMI Vs Konsumentenstimmung

Einkaufsmanagerindex versus Konsumentenstimmung (Index in Punkten). (Quelle: Bloomberg/Grafik: HBL Asset Management, Daten per 28.06.2024)

Die Folge des stabilen Konsums der ersten Jahreshälfte 2024 ist denn auch der Grund für die einzigen neuen Impulse für die internationalen Finanzmärkte in diesem Jahr. Es sind dies die kurzfristigen Zinsen. Während beispielsweise die Finanzmarktakteure noch zu Beginn des Jahres von einer ganzen Reihe von Zinssatzsenkungen in den USA im Ausmass von rund 1,5 Prozentpunkten ausgegangen sind, wurden diese Zinssenkungserwartungen im Verlaufe des ersten Halbjahres einerseits reduziert und andererseits später in das Jahr 2024 geschoben. Aktuell rechnen die Finanzmärkte nur noch nach den Sommerferien, also für das Treffen des Offenmarktausschusses der US-Fed vom September, mit einer ersten Zinssatzsenkung in den USA.

In der Folge wird bis zum Jahresende 2024 bestenfalls mit einer weiteren Zinssatzsenkung gerechnet. Trotz dieser substanziell geänderten Erwartungen zur Geldpolitik waren die Auswirkungen auf die Finanzmärkte moderat. Dies liegt wohl daran, dass die Zinssenkungserwartungen zu einem guten Teil einfach auf der Zeitachse nach hinten verschoben wurden. Andererseits sind sie aber auch eine Funktion eines robusteren US-Wirtschaftswachstums als noch zu Beginn des Jahres erwartet wurde. Von dieser Entwicklung konnten im Umkehrschluss auch viele Unternehmen profitieren.

Im Schatten der USA ist es auch in anderen wichtigen Wirtschaftsräumen zu einer Anpassung der geldpolitischen Erwartungen gekommen. Auch in Europa hat sich die EZB eher zögerlich und zu einem späteren Zeitpunkt als ursprünglich angenommen auf erste Zinssatzsenkungen eingelassen. Hier sind es in erster Linie die über weite Teile höher als erwarteten Inflationsniveaus, die die EZB von frühen Zinssatzsenkungen abhielten. Auch diese Entwicklung kann durchaus mit einem unerwartet robusteren privaten Konsum begründet werden.

Die Ausnahme der Regel stellt nicht zum ersten Male die Situation in der Schweiz dar. In erster Linie als Folge des verhaltenen Inflationsdrucks hat die SNB im ersten Halbjahr bereits zwei Mal die Möglichkeit gesehen, die Zinsen um je 25 Basispunkte zu senken. Diese konsequente Umsetzung der Geldpolitik hat einmal mehr aufgezeigt, welche Vorteile eine unabhängige Geldpolitik für die Schweiz haben kann. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass den Vorteilen hinsichtlich Zinsen und Geldpolitik die Exponiertheit des Schweizerfrankens entgegensteht.

Für die unmittelbare geldpolitische Zukunft lässt sich festhalten, dass viel vom US-Konsumenten abhängt. Sollte es hier zu einer Abnahme der Wachstumsdynamik kommen, wären weitere Zinssatzsenkungen seitens der US-Fed im Ausmass von mindestens 1 Prozentpunkt zu erwarten. Dabei mehren sich in den letzten Wochen die Zeichen, dass die Kauflust der Amerikaner etwas ins Stocken geraten ist. Vieles deutet darauf hin, dass wir uns im zweiten Halbjahr 2024 auf einen ordentlichen Zinssenkungszyklus hinbewegen. Die Folge dürfte mittelfristig eine Stabilisierung der Konjunktur sein. Im Zuge der Zinssatzsenkungen ist von positiven Impulsen für die breiteren Aktienmärkte zu rechnen. Dies, nachdem im ersten Halbjahr nur mehr die grossen Tech-Titel aus den USA für Musik in den Ohren der Anlegerinnen und Anleger gesorgt haben.

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