Techsektor von steigenden Zinsen abgestraft

Die jüngsten Zinsanstiege wirken sich über Bewertungsmodelle auf die Aktienmärkte aus. Techtitel spüren das am stärksten. Die Neubewertung dürfte aber auch bereits wieder abgeschlossen sein.

30. April 2024

Techsektor von steigenden Zinsen abgestraft

Höhere Zinsen haben in den letzten Wochen für Wachstumstitel aus dem Technologiesektor tiefere Aktienkurse gebracht. (Produktbild HBL Asset Management Traker-Zertifikat «Aktien Global: Technologie»)

Die wirtschaftlichen Trends der Vormonate wurden im Wesentlichen auch im Monat April bestätigt. So konnten die zuletzt veröffentlichten Konjunkturdaten aus den USA auch mit ihren Märzwerten überzeugen. Im Fokus standen dabei für einen weiteren Monat die Wirtschaftsindikatoren, die die Entwicklung der privaten Haushalte beschreiben. Deutlich weniger positiv sieht es in einigen Regionen in Europa aus. Insbesondere die Konjunkturdaten aus Deutschland zum Immobilienmarkt aber auch zu der Industrieaktivität verharren auf bemerkenswert tiefen Niveaus.

US-Footprint bringt Vorteile

Entsprechend lesen sich die bereits veröffentlichten Unternehmensabschlüsse für das erste Quartal 2024. Insbesondere diejenigen Unternehmen mit wesentlichen Aktivitäten in Nordamerika und im Speziellen diejenigen Geschäftsmodelle, die den US-Konsumenten bedienen, vermochten in den ersten drei Monaten des Jahres positiv zu überraschen. Je stärker aber das Geschäftsmodell auf Europa und insbesondere Deutschland und den deutschen Immobilienmarkt ausgerichtet ist, desto verhaltener sind nicht nur die Unternehmensergebnisse, sondern auch der Geschäftsausblick für das Gesamtjahr 2024. Nach den letzten Monaten können aber vergleichbare Ergebnisse kaum mehr überraschen.

Wer versucht die grosse Klammer unter die bereits veröffentlichten Unternehmensergebnisse für das erste Quartal zu setzen, stellt fest, dass diese für ein weiteres Quartal mehrheitlich positiv überraschen. Vor allem Unternehmen, die Güter und Dienstleistungen für den Endabsatz bei Konsumenten produzieren, können Wachstum ausweisen. Aber beinahe alle Unternehmen können zu Beginn des neuen Jahres bessere Margen erzielen. Es scheint, dass die im Verlaufe der letzten Quartale aufgesetzten Spar- und Restrukturierungsprogramme erste Erfolge zeitigen. Noch keinen positiven Einfluss auf die Unternehmensresultate aus der Schweiz hat die zuletzt deutliche Entspannung auf der Währungsseite. Noch führt der schwächere CHF zu keinen Kostenvorteilen. Trotz diesen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist es in den letzten Wochen an den Aktienmärkten in der Summe zu einer Konsolidierung gekommen. Diese lässt sich einerseits mit saisonalen Faktoren erklären – so führen die Dividendenzahlungen im Frühjahr bei Unternehmen aus der Schweiz oft zu einer Konsolidierung der Preise – zum anderen sind wohl viele der positiven Trends der letzten Wochen und Monate bereits in den Preisen der verschiedenen Aktien enthalten.

Zinsen und Technologietitel im Vergleich

Zinsen und Technologietitel im Vergleich (Linke Skala: Index in Pkt.; Rechte Skala: Rendite in %): Gegenläufig: Während die Zinsen zuletzt angestiegen sind, musste der Index der Technologiebörse Nasdaq auf hohem Niveau Federn lassen. (Quelle: Bloomberg/Grafik: HBL Asset Management/Daten per 28.04.2024)

Zentral für die verhaltene Entwicklung an den internationalen Aktienmärkten waren die Veränderungen im Zinsumfeld der letzten Wochen. So haben die anhaltend positiven Wirtschaftsnachrichten zum US-Konsum und nicht zuletzt die in der Folge stabil hohen Inflationsraten in weiten Teilen der Welt und insbesondere in den USA dazu geführt, dass Zinssenkungserwartungen der Finanzmarktteilnehmer in den letzten Wochen deutlich relativiert wurden. Wenig überraschend sind auch hier die USA die Vorreiter dieser Entwicklung. Nachdem die Finanzmarktteilnehmer noch zum Jahresbeginn deutliche Zinssatzsenkungen vorweggenommen haben, sind aktuell für die nächsten Monate nur noch wenig Hoffnungen oder besser Erwartungen für Zinssatzsenkungen in den verschiedenen US-Zinskurven enthalten. Nicht zuletzt die Wortmeldungen der verschiedenen Vertreter der US-Notenbank Fed und auch des Fed-Präsidenten Powell deuten darauf hin, dass die US-Notenbank mit ersten Zinssatzsenkungen noch über die Sommermonate zuwarten könnte. So sind beispielsweise die Zinsen für US-Staatsanleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit innert kürzester Frist wieder in die Nähe der Höchststände aus dem letzten Herbst angestiegen.

Auch wenn die Auswirkungen dieses Zinsanstiegs an den Aktienmärkten in den ersten Monaten des Jahres zu keiner wesentlichen Neubewertung geführt haben, sind wir in der Zwischenzeit an einem Punkt angelangt, an dem die Finanzmarktteilnehmer auch weitere Zinssatzerhöhungen der US-Fed nicht mehr vollständig ausschliessen wollen. Analog der Marktentwicklung über weite Teile des Jahres 2022 führt dieser Zinsanstieg zu höheren Abdiskontierungsfaktoren in den verschiedenen Modellen für Aktienbewertungen. Paradoxerweise sind davon insbesondere diejenigen Aktien besonders stark betroffen, die das grösste Ertragswachstum versprechen. In der Folge haben die letzten Wochen dann auch gerade für diese Wachstumstitel nicht zuletzt aus dem Technologiesektor eine Neubeurteilung und damit ein Re-Rating und damit tiefere Aktienkurse gebracht.

Die letzten Tage und Wochen lehrten uns aber auch hier, dass es gerade im Technologiesektor Unternehmen mit Geschäftsmodellen gibt, die trotz bereits guten Wachstumsaussichten diese noch einmal deutlich übertreffen können. Auch für den Fall mit anhaltend positiven Wirtschaftsnachrichten aus den USA ist von den aktuellen Zinsniveaus nicht mit einem Zinsanstieg wie 2022 zu rechnen. In der Folge dürfte dieses Argument für die Aktienbewertung in den kommenden Wochen im Trend an Bedeutung verlieren.

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