Hochzinsphase hinterlässt immer noch Spuren
Die Notenbanken lockern zwar längst wieder die geldpolitischen Zügel. Aber Länder wie Deutschland leiden immer noch darunter – auch wegen China.
30. Oktober 2024
Die letzten Wochen brachten für die internationalen Finanzmärkte nur wenig neue Impulse. Zum Jahresende lässt sich festhalten, dass das Jahr 2024 im Grossen und Ganzen eine Bestätigung der Trends des Vorjahres brachte. Der Zinsanstieg hallt nach. Die verhältnismässig lange Zeit mit hohen Zinsen, gerade in den USA und in einem geringeren Ausmass in Europa, haben dazu geführt, dass die divergierenden Entwicklungen in der Wirtschaft und letztendlich auch bei den Unternehmen bestätigt wurden.
Während die höheren Zinsen beispielsweise nur bedingt einen Einfluss auf den Geschäftsverlauf im Technologiesektor mit den erhöhten Margen hatten, lässt sich das Gleiche für viele Unternehmen im Umfeld des Immobiliensektors nur bedingt sagen. In den makroökonomischen Konjunkturindikatoren führen diese gegenläufigen Trends zu einer weitgehenden Stabilität.
Dies gilt vor allem auch für den Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenrate steigt zwar graduell an, in der Summe verharrt sie aber weiter auf vergleichsweise tiefen Niveaus. Von diesem Phänomen kann rund um den Globus der private Konsum profitieren. Zuletzt wurde diese Entwicklung durch die Quartalszahlen verschiedener börsenkotierter Unternehmen bestätigt. Diese sind in weiten Teilen besser als erwartet ausgefallen. Dies gilt insbesondere auch für viele Unternehmen aus dem Technologiesektor aber auch für die grössten Banken der Welt.
Strukturen hemmen Anpassungsfähigkeit
Besonders augenfällig sind und bleiben allerdings die Probleme der deutschen Wirtschaft. Diese sieht sich aktuell drei zentralen Herausforderungen gegenüber: 1) In Deutschland ist es nach einer langen Phase mit tiefer Inflation und tiefen Zinsen zu einem deutlichen Anstieg dieser beiden Grössen gekommen. Für die Struktur der deutschen Wirtschaft und insbesondere den Immobiliensektor war dies eine besonders hohe Hürde. Da die Umsetzung struktureller Anpassungen auch in Deutschland mehrere Jahre braucht, ist dieser Prozess auch 2024 spürbar.
2) Auch die ausgeprägte Schwäche der chinesischen Wirtschaft der letzten Jahre bleibt für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft ein grosses Problem. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade in Deutschland viele Unternehmen in den 10er Jahren China als grössten Absatzmarkt identifiziert haben und entsprechend in den letzten Jahren die Handelsbeziehungen zu diesem Land ausgebaut hatten. Auch wenn es erste Anzeichen einer Stabilisierung der Wirtschaft in China gibt, entsprechen die Wachstumsraten weiterhin in keiner Form den Wachstumszahlen der Jahre vor Corona.
Zinssenkungen als Antwort auf die Probleme
3) In Kombination haben diese beiden Aspekte bei den grossen Autobauern in Deutschland zu einer Absatzschwäche geführt. Dies, nachdem sich in den letzten Jahren die deutsche Wirtschaft immer stärker auf die Produktion von Luxusautomobilen konzentriert hat. Auch der Wiederverkaufswert von E-Fahrzeugen stellt für viele Unternehmen ein zusätzliches Problem dar. Auch wenn der Ausgang dieser Entwicklungen langfristig gesehen unklar ist, belasten sie gegenwärtig den Gang der deutschen Wirtschaft erheblich.
In diesem Umfeld legen viele Anlegerinnen und Anleger ihren Fokus bereits auf das kommende Jahr. Wo liegen die Risiken, was sind die Möglichkeiten? Gerade die konjunkturellen Herausforderungen in Deutschland lassen für die kommenden Monate tiefere Zinsen in Europa erwarten. Auch in den USA sprechen die konjunkturellen und politischen Rahmenbedingungen dafür, dass die gesunkenen Inflationsraten zu einer noch expansiveren Geldpolitik führen dürften. Da gleichzeitig beide Präsidentschaftskandidaten in den USA eine grosszügigere Fiskalpolitik in Aussicht gestellt haben, ist auch weiterhin nicht mit einem weltweiten Einbruch der Konjunktur zu rechnen. Von dieser Entwicklung sollten auch die Finanzmärkte und insbesondere die Aktienmärkte profitieren können.
Inflationsraten in den USA als Risiko
Es besteht denn auch durchaus die Möglichkeit, dass die Risiken für die Finanzmärkte mittelfristig nicht in zu tiefem sondern viel eher in zu hohem Wachstum und damit erhöhten Inflationsraten insbesondere in den USA liegen. Welche Auswirkungen sind beispielsweise zu erwarten, wenn ein möglicher Präsident Trump seine im Wahlkampf gemachten Versprechungen realisiert und viele Arbeitskräfte zurück über die Grenze schickt.
Wie bereits ausgeführt liegt die Arbeitslosigkeit in den USA aktuell auf historisch tiefen Niveaus. In Kombination mit einem historisch grossen Steuererleichterungspaket liegt der Schluss nahe, dass die Wahlversprechen durchaus mittel- und langfristig zu erhöhter Inflation führen könnten. Ähnliches gilt auch zum Wirtschaftsprogramm der Kandidatin Harris.
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