Geraten die Finanzmärkte aus den Fugen?
Trotz einer Verschlechterung der Stimmung bei vielen Unternehmen bleiben die Aktienmärkte stabil. Anleger finden beständige Renditen eher bei Aktien als bei Obligationen.
26. Juli 2019
In den letzten Wochen und Monaten dominierten die Rekordwerte an den Aktienmärkten die Schlagzeilen in den Medien. Die fallenden Zinsen gerieten dabei in den Hintergrund. Dennoch ist die Entwicklung bei dieser Finanzmarktgrösse mindestens ebenso bemerkenswert. Seit Beginn des Jahres sind die Zinsen rund um den Globus stark gesunken und haben vielerorts historische Tiefstwerte erreicht. Angesichts der bereits sehr tiefen kurzfristigen Zinsen konnten vor allem Obligationen mit langen Laufzeiten deutliche Kursgewinne erzielen.
Dies führte auch in der Schweiz zu einer weiteren Verflachung der Zinskurve. In der Zwischenzeit rentieren rund 70% aller in CHF ausstehenden Obligationen negativ. Bei den EUR-Anleihen liegt dieser Wert bei 30%. Die Freude der Schuldner ist der Ärger der Sparer, denn sie können für ihre Ersparnisse keine Zinsen erwarten. Der Ursprung dieser jüngsten Entwicklung ist in der Realwirtschaft und in erster Linie bei den Wirtschaftsaussichten der Unternehmen zu suchen. Der weiterhin ungelöste Handelskonflikt der USA mit dem Rest der Welt hat die Einschätzung der verschiedenen Unternehmen eingetrübt.
Besonders ausgeprägt war dies in den letzten Monaten in Europa der Fall. Die Befürchtung einer weiteren Verschlechterung der Unternehmensstimmung und die weiterhin moderaten – zum Teil sogar sinkenden – Inflationsraten, haben umgehend die Zentralbanken auf den Plan gerufen. So hat der Vorsitzende der US-Fed, Jerome Powell, Zinssatzsenkungen für die nahe Zukunft in Aussicht gestellt. Da geldpolitische Zyklen in der Regel mehrere Zinsschritte beinhalten, stellt sich aktuell die Frage, wie viele Zinssatzsenkungen für den kommenden Zinszyklus anstehen. Die Märkte rechnen für das laufende Jahr mit mindestens zwei Zinssatzsenkungen von je 0.25%. Auch wenn dies für einen regulären Zinssenkungszyklus ein aussergewöhnlich kleiner Betrag wäre, teilen wir die Einschätzung der Märkte und erwarten in den USA keine drastischen geldpolitischen Massnahmen.
Aber auch seitens der EZB wurde in den letzten Wochen signalisiert, dass eher eine expansivere Geldpolitik ansteht. So hat der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi anlässlich seiner letzten Pressekonferenz bei seinen Ausführungen zur Inflation darauf hingewiesen, dass ein Inflationsziel von 2% keine Obergrenze darstellen sollte, sondern dass die EZB bei ihrer Geldpolitik vielmehr ein Inflationswert um 2% anvisiere. Nach einer langen Phase von Inflationsraten unter dem Inflationsziel, könnten gemäss dem EZB-Präsidenten höhere Inflationswerte durchaus Sinn machen. Mit diesen Ausführungen wurden die Erwartungen von anhaltend tiefen Zinsen seitens der EZB zementiert. Auch mit der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist nicht mit einer Änderung der Geldpolitik zu rechnen.
Bei einer Beurteilung der Finanzmärkte ist also festzuhalten, dass insbesondere die Geldpolitik oder besser gesagt die Erwartungen zur Geldpolitik die treibende Kraft hinter der Kursentwicklung ist. Dafür spricht auch die Tatsache, dass in den letzten Wochen sämtliche Märkte, Aktien, Obligationen und auch Edelmetalle und andere Rohstoffe deutliche Kursgewinne verzeichnen konnten.
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