Finanzmarktprognose mit künstlicher Intelligenz: Der Chatbot ChatGPT im Test
Wir machten die Probe aufs Exempel und fragten den künstlich intelligenten Chatbot, wie sich Wirtschaft, Börse und Geldpolitik entwickeln werden. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus.
31. Mai 2023
Abgesehen von den täglichen Meldungen über eine mögliche Eskalation im US-Schuldenstreit sind neue Trends zur weiteren Entwicklung der Finanzmärkte derzeit eher dünn gesät. Die Indikatoren zur Unternehmensstimmung sind zwar seit längerem vielerorts auf rezessiven Niveaus angekommen. Aber dies wurde erwartet, weil die Notenbanken seit Monaten mit Zinserhöhungen die hohe Inflation bekämpfen und sie damit eine gewisse wirtschaftliche Abkühlung in Kauf genommen haben.
Ökonomisch gesehen ereignet sich an den Märkten derzeit also wenig Neues. So sind es denn auch nicht Wirtschaftsnews, sondern andere Themen, die derzeit im Vordergrund stehen. Zum Beispiel künstliche Intelligenz und ihre Anwendung bei ChatGPT. Inwieweit eröffnet der Chatbot neue Möglichkeiten beim Investieren? Oder beim Erstellen von Finanzmarktprognosen?
Schön formuliert, mager im Inhalt
Wir beim HBL Asset Management haben die Probe aufs Exempel gemacht und wollten von ChatGPT wissen, wie sich die aktuelle Konjunktur, die Finanzmärkte und die Geldpolitik weiterentwickeln werden. Die Antworten von ChatGPT sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Was zunächst auffällt ist die hohe sprachliche Qualität der Antworten – selbst in Deutsch. Inhaltlich sind sie zwar stimmig, aber sehr allgemein.
Ein Beispiel auf die Frage nach der weiteren Konjunkturentwicklung: «Die Konjunkturentwicklung umfasst die Schwankungen in der Wirtschaftsleistung eines Landes. Aktuelle Berichte zeigen, dass Deutschland voraussichtlich einer Rezession entgehen wird und sich die konjunkturelle Lage verbessert. Allerdings gibt es auch Einschätzungen, die darauf hinweisen, dass die Wirtschaft in eine Rezession abrutschen könnte.»
Die Antwort von ChatGPT lässt sehr viel Spielraum für Interpretationen und sie ist zeitlich gesehen teilweise bereits wieder überholt. Gemäss neuesten Zahlen befindet sich Deutschland bereits in einer milden Rezession.
Mensch (noch) besser als Maschine
Ähnlich die Antwort von ChatGPT auf die Fragen nach der weiteren Entwicklung auf den Finanzmärkten: «Die Finanzmärkte spielen eine wesentliche Rolle in der Wirtschaft. Die Entwicklung der Finanzmärkte kann ein Indikator für das Vertrauen der Investoren und die allgemeine wirtschaftliche Stimmung sein. Es ist wichtig, die aktuellen Entwicklungen an den Börsen sowie die Situation auf den globalen Finanzmärkten zu beobachten. Eine verschlechterte Einschätzung der weltweiten Konjunktur kann beispielsweise Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben».
Auch diese Aussage ist eher vage und im Prognosegehalt wenig präzise. Ähnlich die Antwort auf die Frage nach der weiteren Entwicklung der aktuellen Geldpolitik: «Die Geldpolitik ist ein wesentlicher Bestandteil der wirtschaftlichen Steuerung. Zentralbanken sind für die Formulierung und Durchführung der Geldpolitik verantwortlich. Sie treffen Entscheidungen über Zinssätze, Geldmenge und andere geldpolitische Instrumente, um die wirtschaftliche Stabilität zu fördern.» Informative und zukunftsgerichtete Antworten lesen sich anders.
Natürlich ist der von uns gestartete Versuch lediglich eine grobe Annäherung an die Möglichkeiten, die sich mit ChatGPT ergeben. Wohl liessen sich dem Programm mit einer verfeinerten Fragestellung zusätzliche Informationen entlocken. Auch könnten mit einer Interpretation der aktuellen Situation zusätzliche Aussagen gemacht werden.
In diesen beiden Fällen kommt aber der menschlichen Einflussnahme eine zentrale Rolle zu. Wie immer in der Frage Mensch versus Maschine ist aber vor allem auch festzuhalten, dass die Frage der Verantwortlichkeit – ethisch und rechtlich – zu klären ist. Diese liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt klar noch bei den Menschen. Unser Beispiel zeigt aber vor allem auch, dass künstliche Intelligenz in Form des ChatGPT noch nicht über den Reifegrad verfügt, um den Menschen ersetzen zu können. Sie ist bestenfalls ein Instrument, das in der richtigen Anwendung und Dosierung eine Unterstützung bei der Grundlagenarbeit verrichten kann.
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