Die US-Fed ringt sich zur Zinssenkung durch
Zum Ende des dritten Quartals ist es rund um den Globus zu weiteren Zinssatzsenkungen der wichtigsten Zentralbanken gekommen.
2. Oktober 2024
Ein besonderes Augenmerk hatten die Finanzmarktakteure auf die geldpolitische Entscheidung der US-Fed. Nach einer Phase mit unverändert hohen Zinsen wurde im Vorfeld dieser Entscheidung zwar allgemein mit einer Zinssatzsenkung gerechnet, allerdings waren sich die Märkte uneinig, ob die US-Zentralbank ihre Leitzinsen um lediglich einen Viertel-Prozentpunkt oder sogar um einen halben Prozentpunkt senken würde.
Es waren in erster Linie die Wachstumsskeptiker, die mit einer substanziellen Reduktion der Leitzinsen gerechnet hatten. Ihre Argumentation basiert auf der Sorge um eine ausgeprägte Schwäche der US-Wirtschaft. Sie weisen darauf hin, dass viele produzierende Unternehmen der traditionellen US-Wirtschaft – also Firmen aus der Automobil-, Minen- oder Immobilienbranche – seit längerer Zeit mit wirtschaftlichem Gegenwind zu kämpfen haben.
Im Weiteren wird von dieser Seite argumentiert, dass die US-Zentralbank in der Vergangenheit in den meisten Fällen die Zinsen in wenigen aber deutlichen Schritten reduziert hat. Die Tatsache, dass die US-Fed über mehr als ein Jahr die Leitzinsen unverändert bei 5,5 Prozent belassen hat, bestärkte diese Stimmen, dass drastische Zinsschritte notwendig seien.
Moderatere Stimmen wiesen dagegen auf die zuletzt eher besser als erwartet ausgefallen Zahlen zum privaten Konsum und die anhaltend tiefen Arbeitslosenraten hin. Damit einhergehend wurde die Auffassung vertreten, dass drastische Zinsschritte zum gegenwärtigen Zeitpunkt fehlgeleitet seien. Sie würden von den Finanzmärkten viel eher als Zeichen einer besorgten US-Fed gewertet werden.
Mit ihrer Entscheidung, die Leitzinsen effektiv um 50 Basispunkte zu senken und gleichzeitig explizit darauf hinzuweisen, dass sich die US-Wirtschaft durchaus einer bemerkenswerten Robustheit erfreut, hat die US-Fed versucht, den beiden vorherrschenden Lagern Rechnung zu tragen. Nach einer kurzen Phase der Nervosität wurde die Entscheidung des Fed vom Gros der Marktteilnehmenden mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen.
Ganz allgemein rechnen die Finanzmärkte bis zum Jahresende 2024 und in das Jahr 2025 mit weiteren Zinssenkungen durch die amerikanische Zentralbank. Mit diesen Zinsschritten trägt die US-Fed einerseits den sich stabilisierenden Preisen Rechnung, andererseits soll mit einer expansiveren geldpolitischen Gangart selbstverständlich die Wirtschaft stimuliert werden.
Leitzinsen wie am Anfang des Jahrtausends
Im Schatten der US-Fed haben gerade auch die EZB und die SNB ihre Leitzinsen ein weiteres Mal gesenkt. Für die SNB ist es bereits das dritte Mal in Folge, dass sie ihren Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt hat. Mit einem anvisierten Ziel von 1 Prozent ist der Leitzins in der Schweiz wieder auf dem Tiefpunkt des vorletzten Zinssenkungszyklus zu Beginn des neuen Jahrtausends angekommen. Dennoch lässt die jüngste bedingte Inflationsprognose der SNB den Schluss zu, dass es in den kommenden Quartalen zu weiteren Zinssatzsenkungen kommen dürfte (siehe separaten Artikel).
Bleibt in der aktuellen Situation weiter die Frage, welchen Effekt die expansivere Geldpolitik der SNB beispielsweise auf die Konjunktur der Schweiz hat. So lässt sich festhalten, dass sich die bisherigen Zinssenkungen nur bedingt positiv auf die Stimmung der Unternehmen im Sinne des Einkaufsmanager-Index ausgewirkt haben. Selbstverständlich wissen wir nicht, ob die vom besagten Index erhobene Stimmung der Unternehmen ohne weitere Zinssatzsenkungen nicht noch weiter gesunken wäre. Dennoch gibt es auch gute Gründe, wieso die letzten Zinssatzsenkungen einen vergleichsweise geringeren Effekt auf die Konjunktur der Schweiz hatten.
Im Unterschied zu früheren Zinssenkungszyklen hat die SNB neben den Zinssenkungen gleichzeitig auch ihre Bilanz reduziert. Trotz tieferen Leitzinsen stellt sie der Wirtschaft also nicht mehr, sondern weniger Liquidität zur Verfügung. Nicht ganz überraschend sind es die Bindeglieder der SNB in die Wirtschaft der Schweiz, nämlich die Banken, die diese Entwicklung besonders stark spüren. Trotz gesunkenen und weiter sinkenden Zinsen fällt es dem Bankensystem nicht im gleichen Ausmass leichter, sich günstig zu refinanzieren.
Im Gegenteil: Aufgrund der geringeren von der SNB zur Verfügung gestellten Liquidität müssen die bestehenden Bankbilanzen zu höheren Kosten finanziert werden. Die unmittelbare Folge ist eine Reduktion oder Verteuerung der Kreditaktivitäten auf der Aktivseite der Bankbilanzen und eine Neustrukturierung der Finanzierung des Bankensystems auf der Passivseite. Nach einer Phase der sehr lockeren Geldpolitik eine Entwicklung, die durchaus im Sinne der SNB sein kann. Neben den zyklischen Argumenten gibt es also auch andere Gründe, die für Zinssatzsenkungen der Zentralbanken sprechen. In jedem Fall lässt sich festhalten, dass die tieferen Zinsen die wirtschaftlichen Aktivitäten unterstützen.
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