Der starke Konsum spricht gegen bald sinkende Zinsen
Die vermeintlich schwachen Konjunktursignale sind trügerisch: Mit einer baldigen Zinssatzsenkung ist nicht zu rechnen. Dafür haben die Menschen zu viel gespart, arbeiten zu viel und werden die Konjunktur mit dem Privatkonsum weiter stützen.
6. März 2024
Die ersten beiden Monate des Jahres brachten für die Finanzmärkte eine weitere Konsolidierung der Zinsen. Nachdem noch zum Ende des letzten Jahres seitens der Investorinnen und Investoren mit baldigen Zinssatzsenkungen der amerikanischen Fed aber auch der Europäischen Zentralbank (EZB) gerechnet wurde, hat sich diese Zinseuphorie in den letzten Wochen deutlich relativiert. Nicht zuletzt aufgrund der Wortmeldungen von Vertretern der Zentralbanken wurden diese Zinssatzsenkungserwartungen für das Jahr 2024 weiter nach hinten geschoben.
Unternehmen überzeugen
Aus verschiedenen Gründen hatten die geänderten Zinssenkungserwartungen aber nur einen verhältnismässig geringen Effekt auf das Gros der übrigen Finanzmarktvariablen insbesondere auf die Aktienbewertungen: 1) Auch nach den jüngsten Anpassungen der Zinserwartungen rechnen Marktteilnehmende mehrheitlich weiterhin mit stabilen oder sogar leicht sinkenden Zinsen rund um den Globus. 2) Der Grund für die geänderten Markterwartungen liegt in erster Linie in den zuletzt veröffentlichten Konjunkturdaten. Sie sind in der Tendenz besser als erwartet ausgefallen. 3) Die direkte Folge ist, dass viele Unternehmen mit ihren in den letzten Wochen veröffentlichten Jahreszahlen durchaus überzeugen konnten.
Wenn wir die jüngsten Wirtschaftsnachrichten mit etwas Abstand betrachten und versuchen diese in einen grösseren Kontext zu setzen, dann sind wir der Auffassung, dass die ersten Wochen des neuen Jahres in unseren Augen keine Anzeichen für eine wesentlich neue Entwicklung der Realwirtschaft brachten. Weiterhin wird das konjunkturelle Geschehen in weiten Teilen der Welt von den privaten Haushalten getrieben. Die angehäuften Ersparnisse bei den privaten Konsumenten weltweit und vor allem der anhaltend robuste Arbeitsmarkt führen zu besser als erwarteten Konsumausgaben in vielen Volkswirtschaften. Insbesondere der private Konsum in den USA aber auch in Europa vermögen weiterhin positiv zu überraschen. Für die Schweiz wurde dies in den letzten Tagen ein weiteres Mal mit besser als erwarteten BIP-Wachstumszahlen für das vierte Quartal 2023 bestätigt.
Privatkonsum stützt die Konjunktur
Aufgrund der Tatsache, dass dem privaten Konsum in allen westlichen Volkswirtschaften eine zentrale Bedeutung bei der Messung der Wirtschaftskraft zukommt – in sämtlichen grossen Volkswirtschaften ist er für deutlich über 50 Prozent der Wirtschaftskraft verantwortlich – kann die Bedeutung des privaten Konsums als Wachstumsanker nicht genügend betont werden. Daneben gilt ein guter privater Konsum in der Regel auch als Stütze für die Konsumentenpreise.
So werden viele Anbieter von Gütern und Dienstleistungen in erster Linie dann versuchen den privaten Konsum mit Rabatten zu stimulieren, wenn erste Zeichen der Schwäche zu erkennen sind. Dementsprechend spricht gerade ein solider privater Konsum nicht für baldige Zinssatzsenkungen seitens der Zentralbanken.
Nach wie vor ist aber die Inflationsentwicklung die zentrale Grösse bei der kurz- und mittelfristigen Bestimmung der Geldpolitik. Hier lässt sich festhalten, dass sie von ihren Höchstständen aus den Vorjahren in den wichtigsten Volkswirtschaften deutlich zurückgekommen ist und zuletzt vereinzelt sogar grössere Rückgänge als erwartet – USA und Europa – verzeichnen konnte. Nach dem monatelangen Anstieg der Preise der letzten Jahre verharrt das Preisniveau aber weiterhin auf sehr hohen Niveaus. Für viele Zentralbanken ebenfalls ein Phänomen, das gegen baldige Zinssatzsenkungen spricht.
Tiefe Schweizer Inflation
Etwas anders sieht die Preisentwicklung in der Schweiz aus. Abgesehen von der Tatsache, dass die Preissteigerungen der letzten Monate im internationalen Vergleich moderat ausgefallen sind, ist auch der letzte Wert der Jahresinflation mit lediglich plus 1,2 Prozent zwar höher als erwartet aber dennoch bemerkenswert tief ausgefallen. Bei einer Interpretation dieser Zahl darf allerdings nicht vergessen werden, dass es aktuell in erster Linie die nachgelagerten Effekte höherer Mieten sind, die die Inflation in der Schweiz hochhalten. Diese werden allerdings nur quartalsweise erhoben und werden erst im Maiwert der Inflation wieder Eingang finden. Auch für die Schweiz ist in unseren Augen keine Eile für eine baldige Änderung der Geldpolitik geboten. Dies gilt unabhängig davon, wie die personelle Zusammensetzung der SNB-Führung aussieht.
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