Der Arbeitsmarkt ist entscheidend für ein Soft-Landing der Wirtschaft
Die restriktive Zinspolitik der Zentralbanken hat der Wirtschaft in weiten Teilen der Welt zugesetzt. Bisher hatte dies noch keine grossen Folgen für den Arbeitsmarkt. Doch das könnte sich noch ändern.
27. September 2023
Das Geschehen an den Finanzmärkten gestaltete sich in den letzten Monaten und Wochen mitunter ziemlich uneinheitlich. Zwar hat sich einerseits die Bandbreite der Kursausschläge an den Finanzmärkten, also die Volatilität, stark reduziert. Andererseits hat aber die deutlich restriktivere Geldpolitik vieler Zentralbanken in weiten Teilen der Welt zu einer Abkühlung der Wirtschaft geführt. So sind die Stimmungsindikatoren der produzierenden Industrie stark rückläufig. In erster Linie leiden die Investitionen unter den stark gestiegenen Zinsen. Bisher hatte dies zwar noch wenig Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, aber auch hier ist über kurz oder lang mit einer Abkühlung zu rechnen.
Für ein Soft-Landing muss viel zusammenpassen
Nach den deutlichen Zinserhöhungen der letzten Monate stellt sich insbesondere für die Zentralbanken die Frage, ob und in welchem Ausmass angesichts der wirtschaftlichen Dynamik weitere Zinserhöhungen notwendig sind, oder ob das Wirtschaftswachstum bereits auf einen nachhaltigeren Wachstumspfad eingeschwenkt ist. Mit dieser Einschätzung unmittelbar verbunden ist die Frage nach der Eintretenswahrscheinlichkeit eines Hard-Landing oder eines Soft-Landing der jeweiligen Wirtschaften.
Unter einem Hard-Landing der Wirtschaft verstehen Ökonomen einen starken Rückgang der Wachstumsdynamik mit deutlich rezessiven Tendenzen und damit verbunden einen substanziellen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Ein Soft-Landing wäre im Umkehrschluss nur eine geringe Rezession mit einem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit.
Während letzteres Szenario wohl das präferierte Modell jeder Zentralbank darstellt, lehrt uns die Geschichte, dass sehr viel zusammenspielen muss, dass sich ein Soft-Landing tatsächlich materialisieren kann. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Arbeitsmarkt der jeweiligen Volkswirtschaft. Solange dieser sich mehr oder weniger stabil zeigt, kann er als Wachstumsanker dienen. Anhaltend tiefe Arbeitslosenraten unterstützen den privaten Konsum und helfen, den Rückgang der Investitionen zu kompensieren.
Für eine Zentralbank bedeutet die Orchestrierung eines Soft-Landing zu guter Letzt eine sehr graduelle Anpassung der Geldpolitik. Die Frage stellt sich, ob sie für solche Operationen überhaupt das richtige Instrumentarium zur Verfügung hat. Bereits wiederholt haben wir an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine hyperaktive und zu granulare Geldpolitik in der Vergangenheit selten die gewünschten Resultate mit sich brachte.
Auch mal eine Pause einlegen
Was ist in dieser Situation die Lösung für eine Zentralbank? Eine mögliche Gangart wäre, dass sich die verschiedenen Zentralbanken vorsichtiger an ihr langfristiges geldpolitisches Ziel herantasten und dabei auch einmal eine geldpolitische Pause einlegen. Die geldpolitischen Entscheide der letzten Wochen und vor allem auch die damit verbundene Kommunikation legen den Schluss nahe, dass viele Zentralbanken dieses Vorgehen gewählt haben. Dies gilt insbesondere auch für die US-Notenbank Fed, die Bank of England und die Schweizerische Nationalbank (SNB). Sie alle signalisierten einen geldpolitischen Marschhalt verbunden mit der Möglichkeit von weiteren Zinserhöhungen.
Unabhängig vom genauen Zielwert der Geldpolitik lässt sich aber auch festhalten, dass wir uns dem Ende des Zinserhöhungszyklus’ nähern – mit all den entsprechenden Implikationen auf die Zinskurven und die Bewertungen an den Finanzmärkten. Die ganz grossen Würfe der Zentralbanken stehen angesichts der konjunkturellen Situation in den nächsten Wochen nicht an.
Für die SNB lässt sich festhalten, dass die Struktur der Wirtschaft ein weiteres Mal zulässt, dass sie gerade auch gegenüber der EZB erneut ihre Eigenständigkeit beweisen kann. So hat die SNB die Zinsen schneller angehoben als die EZB. In Kombination mit dem Wechselkurs war es ihr auch bei verhältnismässig geringen Zinserhöhungen möglich, die Inflation in den Griff zu bekommen. Die Folge ist jetzt auch ein relativ früher Marschhalt in der Geldpolitik.
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