Die Finanzmarkttrends für das Jahr 2024
Die gestiegenen Finanzierungskosten werden 2024 besonders Branchen mit schwacher Produktivität und aggressiven Finanzierungsmodellen zusetzen. Tech-Titel und Zykliker dürften dagegen profitieren.
3. Januar 2024
Wie jedes Jahr zu dieser Zeit stellen wir uns auch zu Beginn des Jahres 2024 die Frage, was die kommenden Monate für die Weltwirtschaft und für die verschiedenen Anlageklassen bringen werden. Ganz allgemein gesprochen ist davon auszugehen, dass die Spätfolgen der Zinserhöhungen auf die Wirtschaft auch in den kommenden Monaten zu beobachten sein werden.
So ist festzuhalten, dass eine absolute Differenz des US-Leitzinses zur publizierten Inflation in den USA von rund 2,5 Prozentpunkten einer der höchsten Werte seit der Finanzmarktkrise 2008 darstellt (siehe Grafik). Und im Vergleich zum Tiefstand im Jahr 2022 notiert der reale US-Leitzins sogar mehr als 1000 Basispunkte oder 10 Prozentpunkte höher. In der Folge dürfte es in den kommenden Monaten zu einer weiteren Abschwächung des privaten Konsums und zu tieferen Investitionen in den USA kommen.
Dennoch scheint auch dies kein unüberwindbares Hindernis für das Wirtschaftswachstum in den USA darzustellen. Substanzielle Produktivitätsfortschritte, nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Entwicklungen in Sachen künstlicher Intelligenz, helfen dabei, die gestiegenen realen Finanzierungskosten zu kompensieren. Ein Trend der auch in den kommenden Monaten Bestand haben wird.
Selbstverständlich können nicht alle Sektoren und Unternehmen im gleichen Ausmass von diesen technologischen Entwicklungen profitieren. Wer gar nicht davon profitiert, der dürfte an den internationalen Finanzmärkten am stärksten im Gegenwind stehen. Auch Herausforderungen, wie sie im abgelaufenen Jahr der Bankensektor aber auch besonders aggressiv finanzierte Exponenten in Sektoren mit tieferem Produktivitätswachstum, wie die Signa-Gruppe von René Benko, oder weite Teile der chinesischen Immobilienfinanzierer gesehen haben, dürften in den kommenden Monaten nicht weniger werden. Mit spektakulären Pleiten und der damit verbundenen Unsicherheit an den Finanzmärkten ist damit auch in den kommenden Monaten zu rechnen.
Eher unwahrscheinlich erscheint uns aber, dass die US-Fed die Zinsen schon bald und deutlich senken wird. Für die Finanzmärkte bedeutet dies, dass insbesondere Aktien von Technologiefirmen und zinssensitive Titel auch in den kommenden Monaten zu den Gewinnern gehören dürften. Dabei erachten wir es einmal mehr als wichtig darauf hinzuweisen, dass die Durchdringung eines Geschäftsmodells oft genauso stark von einer Technologisierung profitieren kann, wie ein eigentlicher Hersteller von technologischen Lösungen. Unser Fokus gilt in den kommenden Monaten genau diesen Unternehmen. Aber auch bei den zyklischen Titeln sehen wir im Verlauf des neuen Jahres Potential.
Für 2024 rechnen wir also mit einer Akzentuierung der Situation aus den vergangenen Monaten. Nachdem über die letzten fünfzehn Jahre die überaus expansive Geldpolitik dazu geführt hat, dass alle Anlageklassen, alle Sektoren, ja sogar alle Unternehmen Gewinne und damit höhere Bewertungen erfahren konnten, dürfte es in den kommenden Monaten zu einer stärkeren Auffächerung der Unternehmensergebnisse kommen. Über alle Wirtschaftsakteure gesehen wird die Abschwächung damit wohl weniger ausgeprägt erfolgen, als dies aktuell von vielen Marktteilnehmenden erwartet wird.
DAX erreicht Allzeithoch
Was für die USA gilt, trifft in schwächerem Masse auch für die Entwicklung in Europa zu. Auch hier finden wir durchaus Gewinner der jüngsten Welle der Technologisierung. In diesem Sinne konnte beispielsweise der deutsche Aktienindex DAX in den letzten Wochen neue historische Höchststände erklimmen. Es gibt aber eben auch hier eine Reihe von Unternehmen, die bereits seit längerer Zeit mit grösseren Herausforderungen konfrontiert sind.
In solchen Fällen ist bei Investitionen spezielle Vorsicht geboten. Im Grossen und Ganzen verhält sich aber die Situation in Europa vergleichbar mit der Situation in den USA. Auch wenn die reduzierte geldpolitische Unterstützung der Zentralbank für die gesamte Wirtschaft stark auf den verschiedenen Stimmungsindikatoren in Europa lasten, vermögen die effektiven Aktivitätsindikatoren wohl auch in den kommenden Wochen und Monaten positiv zu überraschen. Noch moderater dürften in unseren Augen die Auswirkungen auf die Wirtschaft der Schweiz ausfallen.
Dies liegt in erster Linie daran, dass die Zinsen in der Schweiz im Vergleich zum Ausland deutlich weniger angestiegen sind. Andererseits gibt es aber gerade auch in der Schweiz viele Unternehmen, die eher konservativ finanziert sind. Damit ist auch in den kommenden Monaten mit einer höheren Bewertung an den Finanzmärkten zu rechnen. Deutlich weniger überzeugt sind wir dagegen vom Szenario, dass es an den Finanzmärkten zu einer grossen Anpassung der geldpolitischen Rahmenbedingungen kommen wird.
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